Samstag, 27. Oktober 2018

Unterwegs mit dem Roulotte in der Bretagne

Die meisten von euch wissen wahrscheinlich nicht, was ein Roulotte ist und auch wir kamen erst nach einigem Recherchieren auf diese wirklich tolle Urlaubsidee.

Wörtlich wird Roulotte meistens mit "Zigeunerwagen" übersetzt, ich finde "Zirkuswagen" aber schöner. Es handelt sich um einen kleinen Wagen aus Holz, in dem man wohnen kann und vor den ein Pferd gespannt wird. Also eine Art altertümlicher Wohnwagen :-)

Darauf gestoßen sind wir eher durch Zufall, fanden die Idee aber wirklich toll (besonders für unsere Tochter) und recherchierten weiter. Es gibt natürlich verschiedene Anbieter mit unterschiedlichen Konzepten. Wir entschieden uns für die Buchung bei Jean-Yves. Wir würden somit nicht in einer Gruppe umherfahren, sondern alleine für uns sein. 

Übernachtet wir natürlich im Wagen (dort gibt es Doppelstockbetten, also Platz für max. 4 Personen). Mit diesem fährt man tagsüber herum und über Nacht steht er auf einem anderen Bauernhof/Campingplatz o.ä., wo es auch eine Unterbringungsmöglichkeit für das Pferd gibt. Bei letzterem handelt es sich um ziemlich gutmütige bretonische Kaltblüter, die sich (zum Glück) selten aus der Ruhe bringen lassen.  Alle zwei Tage kommt man an den Ausgangsort zurück, so dass man dann auch bequem mit dem Auto einkaufen fahren kann, da vor Ort Selbstverpflegung herrscht und man ja in einer recht ländlichen Gegen unterwegs ist. Neben einer kleinen Kochgelegenheit und einer kleinen Kühltruhe hat man somit fast alles was man braucht. WC und Dusche wird dann vor Ort in den Unterkünften gestellt.

Ein solches Roulotte hatten wir also für eine Woche gemietet. Ein richtiger Abenteuerurlaub!


Natürlich hatte ich mir im Vorfeld trotzdem einige Sorgen gemacht. 
Würden wir mit Pferd und Wagen klar kommen? Würde die Verständigung auf Französisch klappen? Was wenn das Pferd durchgeht? Oder mein Freund das total ätzend findet? Oder wir Drei uns auf so kleinem Raum total auf den Keks gehen?

Letzten Endes erwiesen sich die Sorgen mal wieder als unbegründet. Zwar brauchte ich einige Zeit, um in die Sprache wieder reinzukommen (mein letzter Frankreich-Aufenthalt war schon über 10 Jahre her) und in einem solch ländlichen Gebiet muss man es gar nicht erst mit einer Fremdsprache probieren, aber letzten Endes klappte das auch.
Jean-Yves, der Besitzer der Roulotte-Vermietung, war sehr geduldig, erklärte mir zur Not auch alles mehrmals mit unterschiedlichen Worten und wir erfuhren einiges wissenswertes. Zum Beispiel, dass das Roulotte ca. eine Tonne wiegt und mit Pferd eine Länge von ca. 9m hat (man muss die Kurven also großzügig nehmen). Die Pferde wiegen zwischen 800-1.000 kg, sind sehr genügsam und kennen die Strecken in- und auswendig. Die Routen waren mit 12-15km/Tag gut zu schaffen.

Unser "erstes" Pferd, Sandra, wurde angeschirrt. Für mich, die noch nie ein Pferd vor irgendetwas gespannt hat, sah das ziemlich kompliziert aus. (Mein Freund hatte weniger Probleme und konnte am Ende dieser Woche das Pferd komplett alleine an- und ausspannen.)

Die ersten zwei Kilometer begleitete Jean-Yves uns noch, damit wir uns an den Wagen und das Fahren damit gewöhnen konnten,  aber diese Kilometer waren echt schnell rum. Danach waren wir auf uns alleine gestellt.

Zur Orientierung hatten wir eine Karte mit der eingezeichneten Strecke bekommen (Gefahrenstellen, auf der man neben dem Kopf des Pferdes laufen sollte waren ebenfalls vermerkt) und auf der Straße waren zusätzlich Markierungen angebracht. Damit hatten wir somit keine Probleme.


Auch Sandra, unser liebes Pferdchen, machte keine wirklichen Probleme. Manchmal blieb sie allerdings einfach stehen und sondierte die Lage. Später stellten wir fest, dass sie einfach nicht so gerne alleine laufen wollte. Sobald jemand vor oder neben ihr lief, trottete sie brav hinterher. Auch das Lenken und Bremsen klappte gut.

Das Pferd, welches ursprünglich für die zweite Route angedacht war, hatte leider ein Hufeisen verloren (später fand ich es auf der Weide und durfte es tatsächlich mit nach Hause nehmen. Wenn wir jetzt kein Glück haben! ;-)
Wir wichen also auf ein Ersatzpferd aus, Popeye, der etwas flotter unterwegs war als Sandra, obwohl er schon fast ein Pferde-Opa war. Hügel nahm er nämlich ganz gerne mal im Trab. Das konnte einen manchmal ein bisschen überraschen, weil man die Strecke selbst ja nicht kannte und nicht jeder Hügel in der kurvigen Gegend sofort ersichtlich war.


Die Bretagne ist wirklich sehr hübsch. Wir waren in der Gegen um Prat unterwegs (in der Nähe von Lannion). Wie erwähnt war es sehr ländlich. Kleine Dörfer, ab und zu mal eine Kirche, ein Gehöft, ein Menhir, ein keltisch anmutendes Steinkreuz oder ein einsamer Bauernhof. Ansonsten ging es hauptsächlich über Landstraßen durch Felder, Weiden und ab und zu mal durch einen sehr naturbelassenen Wald. Die Routen waren so gewählt, dass man selten auf größere und verkehrsreichere Straßen stieß. Der Nachteil war dann allerdings, dass die Straßen recht schmal waren und man nicht bzw. schlecht ausweichen konnte (mit dem Roulotte kann man nicht rückwärts fahren), aber auch das bekamen wir hin. Zum Glück waren die Menschen fast durchweg sehr nett und verständnisvoll. 

Besonders hübsch fand ich die kleinen Steinhäuschen, meist mit blauen Fensterläden und mit vielen Blumen (hauptsächlich Rhododendron). Idyllischer geht es kaum! 


Neben wenigen Menschen sahen wir unterwegs viele Tiere. Wilde, wie Fasane, riesige Nachtfalter, Fledermäuse, Rehe, Storchenvögel etc. und natürlich viele zahme Tiere, vor allem Schafe, Ziegen und Kühe, aber auch ein paar Alpakas. Unsere Tochter freundete sich natürlich sofort mit den Hofhunden von Jean-Yves an, durfte dort die frisch geborenen Kälbchen füttern (hauptsächlich ist Jean-Yves nämlich Bauer und hält Milchkühe) und fand bei jeder unserer Etappen irgendwelche Hunde oder Katzen zum Spielen. Apropos Bauernhof von Jean-Yves: Dort bekamen wir kostenlos frische Kuhmilch, soviel wir wollten!  

Mit den Pferden lief es auch ziemlich gut. Einmal mussten wir Jean-Yves zur Hilfe rufen, weil Popeye einfach nicht weiter wollte, aber das Problem wurde schnell behoben und ansonsten hatten wir keine Probleme. In den Umgang mit dem Roulotte kam man recht schnell rein und irgendwann übernahm sogar unsere Tochter die Zügel.


Auch mit dem Wetter hatten wir riesiges Glück. Die Bretagne ist schließlich nicht die Karibik und Oktober kann von Frost bis Sommertemperaturen alles bringen. Aber wir hatten nur an einem Tag Regen. Dafür dann auch gleich mit Sturm, der unser Roulotte nachts ganz schön zum Schaukeln brachte, aber ansonsten lachte uns die Sonne. Nachts wurde es aber schon recht kalt. Im Roulotte hatten wir den Vorteil, dass der kleine Raum morgens, wenn wir uns auf dem Gasherd Tee kochten, schnell warm wurde. Aber dicke Socken brauchte man trotzdem zum Schlafen. Lange draußen sitzen, wie ich das auf anderen Fotos von Urlaubern gesehen hatte, konnten wir leider nicht. Es wurde einfach zu früh dunkel und kalt. Dies führte dazu, dass wir abends meist schon so um 21.00 Uhr ins Bett gingen. Dafür konnte man morgens auch länger schlafen, weil es ebenfalls noch dunkel war (und man der Kälte wegen das Bett auch nicht verlassen wollte). Aber auf unserem ersten Übernachtungsplatz (einem anderen Bauernhof), durften wir ein Lagerfeuer anzünden, was sehr schön kuschelig und romantisch war.


Neben der schönen Landschaft war die Entschleunigung das Schönste an unserem Urlaub im Roulotte. Man kommt nicht schnell vorwärts. Wozu auch? Der Weg ist das Ziel.

Und auf den Keks gingen wir uns überraschenderweise auch nicht, obwohl wir fast die ganze Zeit aufeinander hingen. 
Vielen Dank an Jean-Yves und Jean-Pierre, die uns täglich mit dem An- und Abschirren der Pferde halfen. Und uns zum Schluß tatsächlich noch ein Diplom für den Umgang mit dem Roulette verliehen ;-) Wir hatten sehr viel Spaß! 

Mit diesem Gefühl machten wir uns ein bisschen traurig auf den Weg und verließen die schöne Bretagne in Richtung Normandie. Aber dieser Bericht (zusammen mit vielen weiteren Fotos) folgt dann in den nächsten Wochen :-)






































Samstag, 20. Oktober 2018

Côte de Granit Rose - die Rosa Granitküste (Ploumanach) in der Bretagne

Wie ich in meinem letzten Post bereits erwähnte, war ich mit meiner Familie im Urlaub. Dabei sind so viele Fotos entstanden, dass ich sie  hier nur nach und nach präsentieren werde. Wir waren nämlich ganz schön unterwegs in Nordfrankreich. Erst in der Bretagne, danach in der Normandie und zum Schluß noch mal kurz in Belgien - was zugegebenermaßen nicht mehr ganz Frankreich ist ;-).
Hier kommt nun also der Bericht vom ersten Teil unserer Reise:

Freitag nach der Schule bzw. Arbeit machten mein Freund, unsere Tochter und ich uns daran sämtliches Gepäck im Auto zu verstauen. Gar nicht so einfach, schließlich wollten Camping-Equipment, Verpflegung, viele warme Klamotten, Fotokram und "Reisebeschäftigungen" untergebracht werden. Es war wirklich schwierig. Zwischendurch gab es sogar die Überlegung doch unsere Tochter zu Hause zu lassen ;-)

Aber mein Freund, der wirklich ein Tetris-Meister zu sein scheint, schaffte es schließlich doch. Da es bereits nachmittags war, bis wir loskamen, fuhren wir nur bis nach Hessen, wo wir bei meinen Eltern übernachteten. Schließlich mussten wir auch erst Sonntag Abend vor Ort in der Bretagne ankommen.


Am nächsten Morgen ging es dann endlich weiter nach Frankreich. Unser ursprünglicher Plan sah vor, Paris zu meiden und die Nacht auf einem Camping-Platz in der Nähe von Rouen zu verbringen, aber mein Freund fühlte sich ausgesprochen fit, wollte unbedingt weiter fahren und die "Schleife" über den  Norden vermeiden. So kam es, dass wir spät abends dann doch mitten durch Paris fuhren. Ein Abenteuer! Dreispurige Kreisel ohne Fahrbahn-markierungen, dafür mit Kopfsteinpflaster und einem kleinen Unfall direkt vor uns, der berühmte Pariser Verkehr, viele Ampeln und ein nicht ganz eindeutiges Leitsystem. Wir waren einfach nur froh, als wir endlich wieder aus der Stadt rauskamen! Autofahren in Paris? Nie wieder!!!
Aber wir sahen zwischendurch wenigstens mal kurz den Eiffelturm mit seinen vielen Lichtern in der Ferne aufblitzen, was unsere Tochter unglaublich froh machte (das war nämlich ein ausdrücklicher Wunsch von ihr).


Mein Freund fuhr weiter und weiter. Da wir versuchten die Autobahnen zu umgehen um die Maut-Gebühren zu sparen, ging es manchmal nur über Landstraßen. Meistens kam man aber dank der Schnellstraßen ganz gut voran. Irgendwann hatte ich die Nase voll und zwang ihn auf einem Parkplatz zu halten. Wir wollten versuchen zumindest im Auto kurz zu schlafen. Dank des vielen Gepäcks, keinem Bewegungsspielraum und allgemeinem "Alles-Doof" gelang das aber nur unserer Tochter. Dementsprechend fuhren wir also doch weiter. 

Gegen 04.30 Uhr fuhr mein Freund dann doch endlich von der Schnellstraße ab. Wir suchten uns ein etwas verstecktes Feld, irgendwo im Nirgendwo, und schlugen dort einfach unser Zelt auf. Natürlich ist wild campen in Frankreich verboten, aber wir waren einfach zu müde um uns darüber Gedanken zu machen. Gegen 05.00 Uhr lagen wir dann endlich in den Schlafsäcken. Freund und Tochter fingen praktisch sofort an zu schnarchen, aber bei mir dauerte es etwas bis ich einschlafen konnte. Dafür dauerte es nicht sehr lange, bis ich wieder aufwachte :-( Nun muss ich dazu sagen, dass ich kein besonders großer Camping-Freund bin. Und dann irgendwo auf einem Feld am Waldrand, wo man Tiere herumschnüffeln hörte, morgens ein Hahn in einem nahe gelegenen Bauernhof krähte und es kalt war.... Ich verzog mich irgendwann ins Auto und las mein Buch weiter.

Morgens um 08.00 Uhr weckte ich dann meine Beiden, da es schon hell war. Ich hatte etwas Panik, dass der Bauer uns sehen könnte. Wir packten also schnell das Zelt, die Isomatten und die Schlafsäcke ein und machten uns auf das restliche Stück Weg. Und so kam es, dass wir dann schon morgens um 10.00 Uhr statt abends um 18.00 Uhr an unserem Urlaubsort ankamen. Zum Glück trafen wir dort schon jemanden an und durften unsere wirklich besondere Unterkunft beziehen (mehr dazu im nächsten Post). 

Da an dem Tag aber sonst nichts weiter stattfinden sollte, schickte uns der Eigentümer auf Entdeckungstour an die Rosa Granitküste, die nur wenige Kilometer entfernt war. Er empfahl uns Ploumanach.


Bereits auf dem Weg dorthin sahen wir riesige Granitfelsen und statt sofort an den Strand zu fahren, machten wir erst eine kurze Fototour durch den dortigen Hafen. 


Offensichtlich war gerade Ebbe, Teile des Sandes und der Felsen waren begehbar und einige Boote lagen auf dem Trockenen. Auf jeden Fall fanden wir ziemlich viel Foto-Motive. Wie die Boote durch die enge, von Felsen umschlossene Hafeneinfahrt fuhren, sah wirklich toll aus und auch die Felsbrocken im Wasser waren sehr faszinierend. Wirklich ein schönes Gebiet! Die frische Seeluft wirkte belebend und trotz des wenigen Schlafs waren wir recht fit.


Im Anschluß ging es weiter zum Strand, der eigentlichen Attraktion. Ich bin ja grundsätzlich begeistert vom Meer und mag Küsten, aber dieser Strand war wirklich etwas besonderes. Überall riesige Felsbrocken im Wasser! Und dazu eine kleine aus Felsen gebaute Kapelle, deren Grundmauern bei Flut bestimmt mit überspült sind.

Wir machten eine kleine Wanderung oben an den Klippen entlang. Dort gibt es wirklich schöne, kleine Wanderwege mit immer wieder überraschenden Aussichten. Man stand manchmal wirklich direkt vor einem Abgrund. Es war fantastisch! Kein Wunder, dass die Rosa Granitküste so gelobt wird. Sie ist wirklich einzigartig! Riesige Felsen im Wasser und an/auf den Wegen, über die man hinweg oder hindurch klettern kann.


Obwohl die Wanderwege dort sehr schön sind (auch wenn man trittsicher sein sollte), verweilten wir nicht zu lange auf den Wanderwegen. Es war mittlerweile schon Nachmittag und wir hatten wirklich Hunger. Daher gingen wir zu einer weiteren bretonischen Besonderheit über: Galettes! 
Eine Galette ist so etwas ähnliches wie ein Crêpe, allerdings aus Buchweizen und herzhaft belegt. Ich kannte sie bereits aus dem Ti Breizh, dem "Haus der Bretagne" in Hamburg, in welches ich sehr gerne essen gehe.


Diesmal waren wir zwar in einem Touri-Laden, was man auch ein bisschen schmeckte, aber lecker war es dennoch. Außerdem kauften wir in Ploumanach bereits unsere ersten Postkarten um sie im Laufe der nächsten Woche schreiben zu können.


Danach kehrten wir müde zu unserer Unterkunft zurück und freuten uns erstmal einfach nur darauf ins Bett gehen zu können und auf die Abenteuer der nächsten Tage :-)